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Die „Schlacht von Festubert“ umfasst eine Serie von wirren Aktionen der britischen, indischen und kanadischen Truppen am Frontabschnitt westlich von Lille in Französisch-Flandern. Die Angriffe fanden sechs Tage nach dem Desaster von dem einige Kilometer südlich gelegenen Neuve-Chapelle statt und sollten die große französische Offensive im Gebiet Vimy-Loretto unterstützen, die nach anfänglichen Erfolgen ins Stocken geraten war.
Die Briten erklärten sich zudem bereit, eine französische Division südlich des La Bassée-Kanals abzulösen, damit die Franzosen ihre Streitkräfte zusammenfassen konnten.
Die Artillerievorbereitung dauerte drei Tage lang. 433 Kanonen unterschiedlichster Kaliber feuerten 100.000 Granaten auf einen fünf Kilometer langen Frontabschnitt bei Festubert. Das Bombardement stellte sich jedoch als wenig wirksam heraus, denn viele der Granaten waren defekt und konnten die deutsche Front nicht durchbrechen. Außerdem sorgte das Durcheinander auf dem Schlachtfeld dafür, dass auf beiden Seiten Soldaten durch die eigene Artillerie getötet wurden.
Der Angriff am 15. Mai, an dem vor allem indische Soldaten beteiligt waren, führte zunächst zu taktischen Erfolgen und der Eroberung mehrerer deutscher Frontabschnitte. Dies zwang den Feind zum Rückzug auf die zweite Linie. Ein neuer Sturm, diesmal mit kanadischen Einheiten, startete am 18. Mai bei starkem Regen: Er scheiterte aufgrund der deutschen Truppenverstärkung und hohen Verlusten durch das feindliche Sperrfeuer. Eine dritte Angriffsserie zwischen dem 20. und dem 24. Mai führte zur Eroberung der Ruinen von Festubert. Letztendlich konnte die britische Armee innerhalb von zwölf Kampftagen aber nur einen Kilometer vorrücken und dabei nur einen sehr schmalen Frontabschnitt besetzen. Als die Offensive am 27. Mai endgültig eingestellt wurde, hatten die Briten 16.000 Mann verloren, ohne die französische Offensive auf Vimy spürbar unterstützt zu haben.
Viele Soldaten fielen der feindlichen Artillerie und den Maschinengewehren zum Opfer, andere starben im Kampf Mann gegen Mann. Einige ertranken gar in den überschwemmten Schützen- und Entwässerungsgräben.
Diese erneute Niederlage stürzte Großbritannien in eine politische Krise, nachdem sich der Oberbefehlshaber John French bei einem Journalisten über den Mangel – quantitativ wie qualitativ – an Artilleriegeschossen beschwert hatte. Die Regierung unter Herbert Asquith wurde abberufen und ein neues Koalitionskabinett übernahm die Macht. Dabei wurde zum ersten Mal die Position eines „Munitionsminister“ geschaffen und mit David Lloyd George besetzt. Das Vereinigte Königreich stellte sich nun auf weit reichende Kriegsmaßnahmen ein. Unter anderem wurde eine Freiwilligenarmee ausgehoben und für den Kampf ausgebildet.
Yves Le Maner
Direktor von La Coupole,
Zentrum für Geschichte und Erinnerung im Nord-Pas de Calais